Grundlagen zu Lärm und Lärmschutz
Grenzwerte für Verkehrslärm
Zum Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm existieren
verschiedene Grenz-, Richt- und Orientierungswerte, die jeweils ihren spezifischen
Anwendungsbereich haben. Nachfolgend gibt die Tabelle einen Überblick:
Neubau von Straßen und Schienenwegen: Grenzwerte der 16. BImSchV Schallschutz im Städtebau, Orientierungswerte der DIN 18005 Lärmsanierung an bestehenden Straßen, Auslösewerte der VLärmSchR97 Verkehrsbeschränkungen in bestehenden Straßen, Richtwerte der Lärmschutz-Richtlinien-StV.
Gebietsart
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Grenzwerte der
16. BImSchV
|
Orientierungs- werte der
DIN 18005
|
Auslösewerte der
VLärmSchR 97
|
Richtwerte der Lärmschutz- Richtlinien- StV
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Tag / Nacht
|
Tag / Nacht
|
Tag / Nacht
|
Tag / Nacht
|
Gewerbegebiete |
69 / 59
|
65 / 55
|
72 / 62 |
75 / 65
|
Kerngebiete |
64 / 54
|
65 / 55
|
69 / 59 |
72 / 62
|
Dorf- und Mischgebiete |
64 / 54
|
60 / 50
|
69 / 59 |
72 / 62
|
Besondere Wohngebiete |
64 / 49 (1)
|
60 / 45
|
69 / 57 (1)
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72 / 60 (1)
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Allgemeine Wohngebiete |
59 / 49
|
55 / 45
|
67 / 57 |
70 / 60
|
Kleinsiedlungsgebiete |
59 / 49
|
55 / 45
|
67 / 57 |
70 / 60
|
Reine
Wohngebiete |
59 / 49
|
50 / 40
|
67 / 57 |
70 / 60
|
Krankenhäuser,
Schulen,
Kurheime, Altenheime |
57 / 47
|
45 - 65 /
35 - 65 (2)
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67 / 57 |
70 / 60
|
Parkanlagen, Kleingartenanlagen |
-
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55 / 55
|
-
|
-
|
Tag 06.00 - 22.00 Uhr, Nacht 22.00 - 06.00 Uhr
(1) nicht gesondert aufgeführt, Einstufung daher analog zur DIN 18005 wie
Mischgebiete
(tagsüber) bzw. Allgemeine Wohngebiete (nachts)
(2) Sonstige Sondergebiete, soweit sie schutzbedürftig
sind; je nach Nutzungsart
festzulegen
Für Industriegebiete gibt es keine Immissionsgrenzwerte. |
Tabelle: Grenz-, Richt- und Orientierungswerte beim Verkehrslärm
in dB(A)
Neubau von Straßen und Schienenwegen: Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)
Beim Neubau oder einer wesentlichen Änderung einer Straße
oder eines Schienenweges gilt die Verkehrslärmschutzverordnung (16.
BImSchV). Die Änderung ist wesentlich, wenn
1. eine Straße oder ein Schienenweg um einen oder
mehrere durchgehende Fahrstreifen bzw. Gleise baulich erweitert wird oder
2. „durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel
des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms
um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens
60 dB(A) in der Nacht erhöht wird“ (§ 1 Abs. 2 Satz 2) oder
3. der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden
Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms von mindestens 70 dB(A) am Tag
oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht durch einen erheblichen baulichen
Eingriff erhöht wird.
Aus diesen Sätzen geht hervor, dass die 16. BImSchV
nur bei größeren baulichen Veränderungen gilt. Veränderte
Ampelschaltungen oder kleinere Baumaßnahmen wie z.B. das Anlegen
einer Verkehrsinsel stellen keine wesentlichen Änderungen dar. Weiter
gilt die 16. BImSchV auch nicht bei einer erhöhten Lärmbelastung
durch die Zunahme des Verkehrs.
Die 16. BImSchV setzt zum Schutz der Nachbarschaft vor
„schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche“ Grenzwerte
fest. Im Gegensatz zu den anderen Richtlinien zum Verkehrslärmschutz
haben die betroffenen Bürger hier einen Rechtsanspruch auf Einhaltung
der Grenzwerte. Der Straßenbaulastträger hat nur den Ermessensspielraum,
auf welche Weise die Grenzwerte eingehalten werden. Es gilt aber der Grundsatz
„aktiv vor passiv“. Das heißt, der Baulastträger ist verpflichtet,
zunächst durch geeignete Trassenführung und Lärmschutzbauwerke
am Verkehrsweg (Lärmschutzwände oder -wälle, Einhausungen)
die Einhaltung der geforderten Grenzwerte anzustreben. Nur wenn die Kosten
dieser Maßnahmen (bzw. Mehrkosten bei größerer Dimensionierung
der Bauwerke) außer Verhältnis zum zusätzlichen Nutzen
stehen (§ 41 Abs. 2 BImSchG), kommen passive Lärmschutzmaßnahmen
an den zu schützenden Gebäuden selbst (Lärmschutzfenster,
schallgedämmte Lüftungseinrichtungen) in Betracht. Können
schützenswerte Außenbereiche durch Lärmschutzbauwerke nicht
ausreichend geschützt werden, sind Entschädigungen in Geld zu
leisten.
Bauleitplanung: Schallschutz im Städtebau (DIN 18005)
In der Bauleitplanung (Aufstellung von Bebauungsplänen)
werden die Orientierungswerte der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau)
zur Beurteilung der Lärmbelastung herangezogen. Wie der Begriff „Orientierungswerte“
bereits aussagt, dienen sie der Orientierung und sind keine zwingend einzuhaltenden
Grenzwerte. Sie bieten einen Anhalt dafür, wann der Lärmschutz
ein wichtiger Abwägungssachverhalt darstellt, der bei der Abwägung
der verschiedenen öffentlichen und privaten Belange (u.a. gesunde
Wohn- und Arbeitsverhältnisse, soziale und kulturelle Bedürfnisse
der Bevölkerung, Belange des Umweltschutzes, Belange der Wirtschaft)
gegen- und untereinander angemessen zu berücksichtigen ist.
Der Schallschutz ist als ein wichtiger Planungsgrundsatz
neben anderen Belangen zu verstehen. Die in der städtebaulichen Planung
erforderliche Abwägung der Belange kann in bestimmten Fällen
bei Überwiegen anderer Belange - insbesondere in bebauten Gebieten
- zu einer entsprechenden Zurückstellung des Schallschutzes führen.
In diesen Fällen sollte möglichst ein Ausgleich durch andere
geeignete Maßnahmen (z.B. Grundrissgestaltung, baulicher Schallschutz)
vorgesehen und planungsrechtlich abgesichert werden.
Die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen werden
im Bebauungsplan festgesetzt. Diese Maßnahmen sind in der Regel Lärmschutzwände
oder -wälle, nicht bebaubare Flächen zur Wahrung eines Abstands
von Lärmquellen und Maßnahmen an den Gebäuden selbst (Schallschutzfenster,
Grundrissgestaltung).
Lärmsanierung an bestehenden Straßen (VLärmSchR 97)
An bestehenden Straßen besteht grundsätzlich kein
Rechtsanspruch auf Lärmschutzmaßnahmen. Maßnahmen können
hier als freiwillige Leistung auf der Grundlage haushaltsrechtlicher Regelungen
gewährt und im Rahmen der vorhandenen Mittel durchgeführt werden.
Die Voraussetzungen (Immissionsgrenzwerte) und Ausführungsbestimmungen
sind für Straßen in der Baulast des Bundes in den „Richtlinien
für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der
Baulast des Bundes - VLärmSchR 97“ geregelt. Das Land Baden-Württemberg
hat sie für die Straßen in der Baulast des Landes ebenfalls
eingeführt und den Kreisen und Gemeinden empfohlen, entsprechend zu
verfahren.
Die Immissionsgrenzwerte für die Lärmsanierung
sind wesentlich höher als diejenigen für den Straßenneubau,
nämlich um 8 dB(A) in Wohngebieten und um 5 dB(A) in Mischgebieten
(siehe Tabelle). Lärmsanierungsmaßnahmen sind zwar auch bei
niedrigeren Pegeln zulässig, die angespannte Haushaltslage in Bund,
Ländern und Gemeinden zwingt aber zur Beschränkung auf besonders
stark belastete Straßen. Derzeit reichen die finanziellen Mittel
bei weitem nicht aus, um an allen Straßen, an denen die Sanierungsgrenzwerte
überschritten werden, die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.
Wenn man bedenkt, dass einer Untersuchung des Umweltbundesamts zufolge
das Herzinfarktrisiko um 20% bei den Menschen steigt, die dauerhaft Schallpegeln
von über 65 dB(A) tagsüber ausgesetzt sind, lässt sich erkennen,
welch gewaltige Aufgaben hier noch anstehen, um die Bevölkerung ausreichend
vor Lärm zu schützen.
Verkehrsrechtliche Maßnahmen an bestehenden Straßen: Lärmschutz-Richtlinien-StV
Die Anwendung von Verkehrsbeschränkungen in bestehenden
Straßen aus Lärmschutzgründen wird in den „Richtlinien
für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der
Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV)“ vom 23. November 2007 geregelt.
Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen kommen danach „insbesondere
in Betracht“, wenn die dort genannten Richtwerte überschritten werden
(siehe Tabelle). Durch den Begriff „insbesondere“ kommt zum Ausdruck, dass
auch bei niedrigeren Schallpegeln Maßnahmen ergriffen werden können.
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz in Verbindung mit der 16.BImSchV legt
fest, ab welchen Pegeln mit schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche
zu rechnen ist. Die in den Lärmschutz-Richtlinien-StV aufgeführten
Richtwerte lösen deshalb lediglich eine besonders intensive Prüfungspflicht
zugunsten von Maßnahmen aus.
Weiter soll durch straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen
der Mittelungspegel unter den Richtwert abgesenkt, mindestens jedoch eine
Pegelminderung von 3 dB(A) bewirkt werden. Auch dieser Wert ist jedoch
nicht als strikte Schranke zu verstehen, sondern als Anhaltspunkt dafür,
wann eine Maßnahme Gefahr läuft, für die begünstigten
Anwohner kaum noch wahrnehmbar zu sein. In der Praxis kann z.B. das Problem
einzelner lauter Vorbeifahrten durch Lkw von Bedeutung sein. Ein Lkw-Fahrverbot
würde dann eine spürbare Entlastung für die Anwohner bringen,
auch wenn sich das nicht entsprechend in der Senkung des Mittelungspegels
niederschlägt. Auch wirksame Geschwindigkeitsbeschränkungen
vermindern die Geräusche der einzelnen Fahrzeuge bei der Vorbeifahrt
besonders stark. "Dies führt dazu, dass solche Geschwindigkeitsbeschränkungen
von der betroffenen Bevölkerung positiver bewertet werden als dies im Rückgang des errechneten Lärmpegels zum Ausdruck
kommt" (Ziffer 3.3 der Lärmschutz-Richtlinien-StV).
Lärmsanierung an bestehenden Bahnstrecken
Für bestehende Bahnstrecken gibt es im Gegensatz zu bestehenden Straßen keine
amtlichen Regelungen zum Lärmschutz. Seit 1999 stellt die Bundesregierung der Deutschen Bahn AG
jährlich 51 Millionen Euro für Lärmsanierungsmaßnahmen zur Verfügung. Die Bahn AG hat
daraufhin eine Dringlichkeitsliste für die Lärmsanierung an bestehenden Eisenbahnstrecken
erstellt. In der 2. Fortschreibung vom August 2002 wurden erstmals auch Streckenabschnitte
auf Stuttgarter Gemarkung aufgenommen. Es handelt sich hierbei um die Strecken Stuttgart
- Ulm (Ortsdurchfahrten Bad Cannstatt, Untertürkheim und Obertürkheim), Stuttgart -
Ludwigsburg (Ortsdurchfahrt Zuffenhausen) und Untertürkheim - Kornwestheim
(Ortsdurchfahrten Bad Cannstatt, Münster, Rot/Freiberg und Zazenhausen). In einer
Ergänzung von Juni 2003 kam noch die Güterzugstrecke Kornwestheim - Korntal hinzu, in einer weiteren Fortschreibung 2008 auch - allerdings mit niedriger Priorität - die Remstalstrecke Stuttgart-Waiblingen. 2007 wurden die Mittel für Lärmsanierungsmaßnahmen an Bahnstrecken auf jährliche 100 Millionen Euro verdoppelt.
Bei der Durchführung orientiert sich die Deutsche Bahn AG weitgehend an der VLärmSchR 97. Es wird die Einhaltung eines Beurteilungspegels von 60 dB(A) in der
Nacht angestrebt, wobei aktive (i.d.R. Lärmschutzwände) und passive Maßnahmen
(Schallschutzfenster) gleichrangig sind.
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© Landeshauptstadt Stuttgart, Amt für Umweltschutz, Abt. Stadtklimatologie |