Der Wind, charakterisiert durch die Windgeschwindigkeit und Windrichtung, bestimmt die Ausbreitung von Luftschadstoffen und ist deshalb bedeutsam für die lufthygienischen Verhältnisse. Ein wesentliches Merkmal des Stuttgarter Klimas ist seine Windarmut, die nicht allein auf die Lage der Stadt in zwei Stufenrandbuchten der Keuperhöhen zurückzuführen ist. Die gesamte Region des Neckarbeckens ist generell für niedrige Windgeschwindigkeiten bei großer Häufigkeit von Windstillen bekannt. Dies ergibt sich durch die großräumige Luftdruckverteilung in Süddeutschland und die Abschattung durch den Schwarzwald, die Schwäbische Alb, den Schurwald und den Schwäbisch-Fränkischen Wald.
Bedingt durch die Topografie kann für Stuttgart keine einheitliche Windrose angegeben werden. Am ehesten ist noch die Windrose für den Flughafen Stuttgart geeignet, den regionalen Wind zu beschreiben. Ansonsten kann man behaupten, "an jeder Ecke weht ein anderer Wind". Der Abschattungseffekt der umgebenden Höhenzüge hat zur Folge, dass sich speziell an den Hängen und in den Tälern häufig lokale Windsysteme entwickeln können, die zwar keine hohen Windgeschwindigkeiten hervorrufen, aber für die lokale Belüftung der Stadtteile eine wichtige Rolle übernehmen.
Wegen der ausgeprägten topographischen Gliederung des Stuttgarter Raumes ist sowohl bei höheren Windgeschwindigkeiten (dynamisch dominiertes, überregionales Windregime) als auch bei Schwachwindsituationen (Ausbildung thermischer Windsysteme) eine deutliche lokale Modifikation des bodennahen Windes zu erwarten. Da es nicht möglich ist, an jeder "Ecke" den Wind zu messen bietet es sich an, mit Computermodellberechnungen das Windfeld zu bestimmen
Für die Berechnung bei überregionalem Wind wird das diagnostische Windfeldmodell "DiWiMo2" verwendet. "DiWiMo2" basiert auf Moussiopoulos N., Flassak Th. und Knittel G. (1988) und wurde vom Büro Dr. A. Lohmeyer weiterentwickelt. Ein Diagnostisches Windfeldmodell ist ein Rechenmodell, mit dem ein Strömungsfeld in topographisch gegliedertem Gelände auf der Basis von Windmessungen berechnet werden kann. Hindernisse wie Gebäude, Bäume und Wälle werden nicht direkt aufgelöst, sondern werden als Rauhigkeiten betrachtet. Diagnostische Modelle sind sehr ökonomisch bezüglich Speicherplatz und Rechenzeit und eignen sich daher sehr gut für eine Online-Berechnung.
"DiWiMo2" erhält als Eingangsdaten für die Berechnungen halbstündlich aktualisierte Windmessungen im Stadtgebiet von Stuttgart. Die Lage der Messstationen wurde dabei so gewählt, dass sie für typische topographische Bereiche von Stuttgart repräsentativ sind. So ist die Station Schwabenzentrum (St) repräsentativ für den Innenstadtkessel, die Station Geschwister Scholl Gymnasium (GS) für die Filderfläche, die Feuerwache Bad Cannstatt (Fw) für das Neckartal und die Station Berger Tunnel (Bt) für den Übergangsbereich Innenstadtkessel zum Neckartal.
"DiWiMo2" berechnet ein vertikales Windprofil und inter- und extrapoliert zwischen den Messwerten, um ein dreidimensionales Initialwindfeld zu erhalten. Im zweiten Schritt wird das dreidimensionale Initialwindfeld derart korrigiert, dass die Massenerhaltung im Rechengebiet bis zu einer Höhe von 2 km erfüllt wird. Dies wird erreicht durch die iterative Lösung einer elliptischen Differentialgleichung.
Die sich in Stuttgart bei windschwachen Strahlungsnächten ausbildenden Kaltluftsysteme werden mit dem Kaltluftmodell
"KALM" simuliert. Das Programm "KALM" wurde ebenfalls am Büro Dr. A. Lohmeyer in Karlsruhe entwickelt. Wann Kaltluft fließt, wird durch die Betrachtung der meteorlogischen Messungen an der Station Schwabenzentrum (Tageszeit, Strahlungsbilanz und Windrichtung) und am Geschwister Scholl Gymnasium (Windgeschwindigkeit) bestimmt.
Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf eine Höhe von ca. 5 m über Grund und berücksichtigen nicht einzelnen Gebäude. Somit können sehr kleinräumig andere Windsituationen vorhanden sein, als in den Berechnungen dargestellt. Das aktuell berechnete Windfeld wird grafisch dargestellt und auf den Web-Server übertragen. Somit ist es möglich das berechnete Windfeld im Internet direkt abzurufen.